Ostwärts

VCR Clubweekend, 9. – 11. August 2019, Hans Hautzinger

Eigentlich hatte ich viele Headlines im Kopf als ich diesen Reisebericht begann. Da schwirrten mir folgende Titel im Kopf herum: «Fuudiweh», «Tour de Suisse», «Grenzerfahrung», «Rinkeli / Ränkeli», «Wurstsalat Connection», «Ring, ring» und weitere, hier nicht weiter genannte. Sicher tauchen diese Headlines in meiner Revue nochmal auf.

Dem absteigenden Trend folgend waren gerade mal 4/5 Anmeldungen für die Rennradgruppe eingegangen. Vier deshalb, weil Heike zwar am Freitag die ersten Kilometer mit uns rollte, dann aber den Clubbus vorgezogen hatte und Claudia erst am Samstag dazugestossen ist. So haben nur der Club-Präsi, der Tourenleiter, Heike als treue Clubweekend Teilnehmerin und meine Wenigkeit die Strecke bei morgens noch kühlen Temperaturen ostwärts angetreten. Heike hat uns die ersten 50 km mutig begleitet. Obwohl sie diese Saison noch keine nennenswerten Km im Sattel verbracht hatte, ist sie tapfer bis Laufenburg mitgefahren. Bis hierhin war die Fahrstrecke auch nicht gerade berauschend, ging es doch meist der Hauptstrasse entlang und der Verkehr auf dieser Strecke war doch beachtlich und so manche grosse Baustelle machte das Erlebnis nicht unbedingt angenehmer. Nach Kaffee und Gipfeli hat Heike dann den Zug nach Neuhausen (Rheinfälle) bestiegen. Hinter Laufenburg wurden die Velowege zahlreicher und man konnte wesentlich entspannter in die Pedale treten, auch wenn der Züri-Jet uns oft heftig entgegen blies und die Wattleistung dabei angestiegen ist. Manches Mal hatte man sogar den Eindruck, die Zürcher haben den grossen Ventilator eingeschaltet, um uns vom Besuch abzuhalten.

In Bad Zurzach waren unsere Trinkflaschen das erste Mal leer und Daniel schon das grosse Bedürfnis einer ersten Abkühlung in einem dieser Wasserspender. Bisher hatte es in jedem Ort reichlich davon, in Bad Zurzach war das eine Rarität. Schlussendlich fanden wir doch noch eine dieser Zapfstellen und Daniel konnte seinen Kopf ins kühle Nass stecken. Die Temperatur, am Morgen noch frisch, stieg nun stetig an. Nach dieser Erfrischung startete unsere Grenzerfahrung, wir begaben uns auf deutschen Grund und wechselten von Grenzübergang zu Grenzübergang, ich hab’s nicht gezählt, aber es waren einige. Der Vorteil auf der deutschen Strecke war das gut ausgebaute Velowegenetz, auch wenn wir hier zeitweise nur Rinkeli / Ränkeli gefahren sind. Die Velowege führten abseits von Verkehrsstrassen meist in grossem Bogen an Ortschaften vorbei und um diese herum.

Irgendwie wollte das erste Etappenziel nicht in die Nähe rücken. Langsam schob ich schon einen Hungerast, wollte diesen aber wegen des bevorstehenden Mittagessens nicht mit Müsliriegel stillen. Nach 5 ½ Stunden und 110 km hatten wir endlich unser erstes Zwischenziel, die Rheinfälle in Neuhausen, erreicht. Die lange Zeit im Sattel hatten mir schon Fuudiweh verursacht und mein Kohlehydratspeicher war bis auf den Boden leer. Heike, Reinhard, unser Busfahrer und seine Begleitung Petra, hatten schon ein Restaurant ausgemacht, nicht das schönste und nicht der tollste Ort an den Rheinfällen, aber mit einem guten Speisenangebot. Schnell hatten sich meine Mitstreiter für den Wurstsalat entschieden, ich wählte, auch wegen der bevorstehenden Restkilometer, das vegane schwarze Linsengemüse und 1,2 Liter Cola. Die Strecke hat mich bis hierhin doch schon etwas mitgenommen, auch wenn es noch keine wirkliche Steigung zu bewältigen gab. Das hat sich allerdings gleich nach dem späten z’Mittag geändert. An die Rheinfälle zu fahren, ohne diese zu sehen, das geht gar nie nicht. Also runter zur Aussichtsterrasse, um ein Beweis-Selfie zu schiessen. War keine gute Idee, die einzige Strecke zurück war dann bis zu 17% steil und das nach dem üppigen Mahl. Absteigen kam nicht in Frage, hatte ich ja das VCR Trikot an. Kaum war das bewältigt, erwartete uns auf der anderen Seite des Rheins nochmal so ein taffer Hügel, hier waren es 16%. Mit gefülltem Bauch kurz vorm Umfallen. Ab dann war es nur noch harmlos, maximal 6% und auch nicht lang. Allerdings hatten wir uns noch in die Stadt Winterthur «verirrt», Ampelhopping war angesagt und die Tageshöchsttemperatur von 33°C wurde erreicht, der Schweiss lief aus allen Poren. Zum Ziel Fehraltdorf war es nun nicht mehr weit. Kurz vorm Hotel führte der Veloweg an einen kleinen frischen Bach am locker schattigen Waldrand. Die Temperatur viel dann gefühlt gerade um 10°C. Dadurch wurde bei mir der Gedanke an ein zischendes Bier ausgelöst, so dass die letzten 3 km doch noch zur Qual wurden, die Kehle verengte sich immer mehr. Mit Bidonwasser war das Bierbedürfnis nicht mehr zu stillen. Das erste Weissbier lief dann, bei einer der Tour de Suisse gleichgestellten Etappe, nach 155 km, in fast einem Zug die ausgedörrte Kehle hinunter. Am Abend erwartete uns ein leckeres indisches Büffet und gegen 23 Uhr fiel ich schon in den Tiefschlaf.

Der Samstag zeigte sich von der velounfreundlichen Seite, Regen bis 13:00. Der Start wurde Stunde um Stunde verschoben. Eine kurze Relaxrunde durch das schöne Tösstal, mit Abstecher zur Kyburg, musste reichen.

Schon nach 2 Stunden waren wir wieder zurück und konnten den gestern geleerten Flüssigkeitsspeicher mit Weissbier fluten. Das Zepp war der ideale Ort dafür, Erdinger vom Fass. Am Abend gab’s dann feine italienische Kost, etwas zu kleine Portionen, dafür aber etwas (ab)gehobene Preise. In einem Schlafort wie Fehraltdorf ist es aber auch schwierig bessere Alternativen zu finden.

Schon geht das kurze Wochenende auch wieder zur Neige. Runde 118 km nach Reinach erwarteten uns. Das Wetter hat sich wieder gebessert, Tagestemperaturne von bis zu 28°C wurden vorhergesagt, ideales Veloreisewetter. Unser Tourguide suchte immer wieder Velowege, um dem Autoverkehr aus dem Weg zu gehen, meist gelang dies ausgezeichnet, manches Mal mussten diese förmlich erkundet werden. Es war Sonntag, allgemeines Familienvelowandern war angesagt, hier kam meine kleine Glocke ins Spiel, mit einem kurzen Ring-Ring verschafften wir uns oft freie Fahrt. Auch wenn der Gesetzgeber auf diesen Teil am Velo keinen Wert mehr legt, ich persönlich fühle mich damit etwas sicherer, kann ich doch meine Vorbeifahrt ankündigen und muss nicht unbedingt mit unerwarteten Schlenkern der anderen Cyclisten rechnen. Daniel führte uns über den Flugplatz, zum Plainspotten. Rund um Dübendorf hat es dann auch ausgedehnte Velowegrouten, wirklich schön zu fahren. Einzig einen Nachteil haben diese Velorouten, sie führen ganz selten ins Zentrum eines Dorfes, somit kein Kaffeehaus und kein Restaurant. Die Suche nach einem solchen war dann auch nicht ganz einfach, einerseits querten wir einen Slowup bei Brugg in Gegenrichtung, mussten da verdammt Acht geben und andererseits gabs in kleinen Dörfern kein Restaurant das offen hatte oder es existierte schlicht keines. Erst in Bözen hatten wir dann glücklich das Pöstli gefunden, ein Guilde Restaurant. In einer lauschigen Laube fanden wir, 3 Männer und Claudia, doch noch Platz und konnten fantastische Ravioli, Risotto und Wurstsalat geniessen. Hier werde ich sicher wieder mal Halt machen, selten so gut gegessen. Allein schon die Verzierung der Teller ist eine Auszeichnung wert.

Die letzten 40 Km ging es dann nahezu nur noch Bergab und über mehr oder weniger bekanntes Gelände. Ein Abstecher nach Bad Säckingen für ein feines Glacé war schon abgemacht. Kurz vor Zielankunft fielen auf Höhe Augst die ersten Regentropfen, riesig gross und eiskalt, aber wirklich nur ganz kurz. Bevor wir nass wurden waren wir auch schon wieder trocken. Nach 118 km hatte ich es geschafft, eine schöne Dusche, neu ankleiden und Gepäck in Reinach abholen. Zwischenzeitlich hat es auch schon stark zu regnen begonnen. Wurden dann beim Umladen des Gepäcks doch noch nass.

Wieder war es ein grossartig organisiertes Clubweekend, tausend Dank an die Organisatoren, nur schade, dass sich nicht mehr dazu hinreissen lassen da mitzufahren. Freue mich schon auf das Clubweekend in 2020.